Chinesische Kräutermedizin bei der Behandlung von Verdauungsstörungen, speziell Blähbauch

In den letzten Jahren kommen immer mehr Patienten in meine Praxis mit Verdauungsstörungen verschiedenster Arten.

In der Chinesischem Medizin wird das Verdauungssystem bei den 5 Elementen durch das Element Erde repräsentiert. Es gab in der Chin. Medizin eine sehr wichtige Richtung, nämlich die sog. „Erde-Schule“, deren bekanntester Vertreter der Arzt „Li Dong-Yuan“ (1180-1251 n. Chr.) war. Sein bekanntestes Werk das „Pi Wei Lun“ (Abhandlung über Milz und Magen) stellt eines der wichtigsten Werke der Chin. Medizin dar. Die bekannteste und wichtigste Rezeptur darin ist „buzhongyiqitang“ (Dekokt, das die Mitte tonisiert und das Qi vermehrt). Diese Rezeptur ist eine sehr wichtige Rezeptur im heutigen Praxisalltag, und wird auch in der Japanischen Kräutermedizin (Kampo) sehr viel verwendet.

Wenn es speziell um das Symptom Blähbauch geht, spielt ein anderes wichtiges Klassisches Werk eine zentrale Rolle, nämlich das „Jin Gui Yao Lüe“ ( Grundlegende Rezepturen aus der Goldenen Truhe). Dort geht es im 10. Kapitel um das Symptom Blähbauch. In diesem Kapitel werden die Ursachen, die Diagnose, und die verschiedenen Behandlungsstrategien für das Symptom Blähbauch beschrieben. Ein weiterer Teil in diesem Kapitel widmet sich dem Thema „Nahrungsmittelstagnation“, d.h. die aufgenommene Nahrung wird nicht richtig verdaut, und bleibt im Magen oder Darm liegen. Dies zeigt sich mit Symptomen wie Völlegefühl, Aufstoßen, Übelkeit, Durchfall etc. Eines oder mehrere dieser Symptome haben viele Patienten im heutigen Praxisalltag. In der heutigen Zeit haben auch viele Patienten Probleme mit Nahrungsmittelallergien und zeigen genau solche Symptome.

Für die Diagnose der Chin. Medizin bei diesen Symptomen spielt dabei die Bauchdiagnose eine wichtige Rolle. Die Pulsdiagnose ist hierbei eher sekundär, im Unterschied zur Behandlung von akuten Infekten, wo die Pulsdiagnose sehr wichtig ist.

Prinzipiell kann ein Blähbauch in Zusammenhang mit einem Fülle-Muster oder einem Leere-Muster auftreten, woraus sich ganz unterschiedliche Behandlungsstrategien ableiten. Bei einem Blähbauch aufgrund von Leere-Kälte ist es wichtig wärmende und stärkende Kräuterrezepturen zu geben. Bei einem Fülle-Hitze-Muster gibt man Rezepturen, die stark bewegend wirken und abführen. Von der Bauchdiagnose her gesehen ist es so, daß, wenn der Behandler auf den Bauch drückt und der Patient hierbei einen deutlichen Schmerz verspürt, es sich um eine Fülle handelt. Im Gegensatz dazu handelt es sich um eine Leere, wenn man auf den Bauch drückt und der Patient fast keinen Schmerz verspürt. Dies ist allerdings vom Praxisalltag her gesehen nur eine grobe Richtlinie, da, praktisch gesehen, manchmal der Patient bei der Bauchdiagnose auf Druck einen starken Schmerz verspürt obwohl es sich um eine Leere handelt. Vor diesem Diagnosefehler wird speziell in der Japanischen Kräutermedizin (Kampo) gewarnt. Vor allem bei ernsthaften Erkrankungen im Bauchraum kann es schlechte Folgen für den Patienten haben wenn der Behandler diesen Diagnosefehler macht und die falschen Rezepturen gibt. Deshalb ist es in einem solchen Fall  sicherer die stärkenden und wärmenden Rezepturen zu geben und nicht die stark bewegenden und abführenden Kräuter.

Zusätzlich ist es auch wichtig die Zungendiagnose mit einzubeziehen. Bei einem Fülle-Hitze-Muster ist der Zungenkörper von der Farbe her eher rötlich und der Zungenbelag gelblich und eher trockener. Bei einem Leere-Kälte-Muster ist der Zungenkörper eher blasser und feuchter und der Zungenbelag weißlich.

Meiner Erfahrung nach ist es diagnostisch gesehen bei dem Symptom Blähbauch, wie so oft in der Chin. Medizin, wichtig das Gesamtbild des Patienten zu betrachten. Manchmal stimmen hierbei die Bauchdiagnose und Zungendiagnose nicht überein. Dann kann es auch hilfreich sein, die Dauer der Symptome und den Gesamtzustand des Patienten zu analysieren. Vor allem wenn der Patient schon sehr lange Verdauungssymptome hat, handelt es sich oft um einen Leere-Zustand. Man darf sich hierbei auch nicht vom äußeren Erscheinungsbild  des Patienten täuschen lassen, v.a.  wenn es sich um scheinbar kräftige Männer handelt; diese können trotzdem im Verdauungssystem schwächer sein. Diesen Fall habe ich häufiger in meiner Praxis gesehen.

Einen weiteren wichtigen praktischen Aspekt möchte ich hierbei auch noch erwähnen. Manchmal treten im Praxisalltag Fülle und Leere miteinander kombiniert auf. Diesem Phänomen muss man auch bei der Auswahl der passenden Rezepturen Rechnung tragen, d.h. die Rezeptur muß dann Kräuter beinhalten, die das Verdauungssystem stärken und zum anderen Kräuter, die die Stagnation bewegen. Ein sehr wichtiges Kräuterpaar hierbei ist die Kombination von „bai zhu“ (Rhizoma Atractylodis) und „chi ke“ (Fructus Aurantii). Dieses Kräuterpaar wird auch schon in den oben erwähnten Klassischen Werken beschrieben, sowohl im „Jin Gui Yao Lüe“, als auch im „Pi Wei Lun“. Bei diesem Kräuterpaar stärkt „bai zhu“ die Milz und „chi ke“ bewegt die Stagnation. Von der Bauchdiagnose her gesehen zeigt sich wenn man „chi ke“ benutzt ein druckempfindlicher Oberbauch (Pi-Syndrom).

Die Chin. Kräutermedizin kann gut bei Verdauungsbeschwerden verschiedenster Arten helfen. Hierbei ist es für den Behandler wichtig die richtige Diagnose zu stellen und die passende Rezeptur zu verordnen.

Auf meiner Webseite finden Sie die Informationen über eine entsprechende Kräuterausbildung. In dieser Ausbildung lernen Sie ganz gezielt die Bauchdiagnose anzuwenden. Gerade in der Japanischen Kräutermedizin (Kampo) spielt die Bauchdiagnose eine sehr wichtige Rolle. Ich habe eine Kampo-Ausbildung über mehrere Jahre bei Gretchen de Soriano (London)  absolviert. Insofern kann ich die Bauchdiagnose auf eine einfache und strukturierte Art vermitteln, und sie lernen diese gezielt am Patienten anzuwenden.

Es wird auf meiner Webseite noch ein Fachbeitrag über die Behandlung von Verdauungsstörungen mit Akupunktur folgen.

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